Die gebrechliche Orgel

Eine durchaus interessante Geschichte gibt es auch zur Orgel.
Am Ende wurde es eine sogenannte Kompromissorgel – nach und nach aus einem viel zu kleinen Ursprungsinstrument entwickelt.
So war in den 1970er Jahren festzustellen, dass nicht nur Register gestohlen waren, sondern auch die Spieltechnik immer häufiger versagte, zudem in der kalten Jahreszeit nur noch die Hälfte der Orgel benutzt werden konnte.
Die Orgel war also in einer Weise sanierungsbedürftig, dass sich 1996 der Bauverein der Sache annahm. Zunächst mit Anfragen und Ausschreibungen bei verschiedenen Orgelbaufirmen, weiterhin wurden unterschiedliche Projekte erwogen.

Das Ergebnis: Die zu erwartenden Kosten sollten 1,7 Millionen DM betragen.

Es folgten intensive Spendenkampagnen des Bauvereins. Zum Beispiel brachte er (der Bauverein) eine CD mit Matthias Jacob an der Orgel heraus und gewann Altbundespräsident Richard von Weizsäcker als Schirmherrn.
Die Cornelsen-Kulturstiftung fand sich bereit, 1 Mio DM zu stiften, das Berliner Ehepaar Dr. Günter und Waldtraut Braun weitere 300.000 DM. Hinzu kamen zahlreiche Spenden von Gemeindegliedern und Freunden der Friedenskirche.

Mit der Einführung des Euro im Jahre 2002 änderte sich die Orgelbausumme auf ca. 890.000 Euro. Die Restaurierung des vergoldeten Orgelprospektes und des holzfurnierten Untergehäuses durch die Restauratoren Kurt Kallensee & Sohn kostete fast 99.500 Euro. Weitere Kosten entstanden für Gerüstbau, Elektroinstallationen und schließlich die Wiederherstellung des hölzernen Tonnengewölbes über dem Rundfenster.

Die Suche des Vorstandes des Bauvereins nach einem geeigneten Orgelbauer war schwierig, doch am Ende erfolgreich. Die Wahl fiel schließlich auf Gerald Woehl, einen Orgelbaumeister aus Marburg.
Nach einer Planungs- und Reparaturphase wurden die platzraubenden großen Pedalregister in seitliche Gehäuseanbauten verlegt, wodurch Platz zum Öffnen des Mittelfeldes geschaffen wurde. Dies hatte einen wundervollen Effekt zur Folge: Das große farbige Rundfenster war wieder freigelegt! Dazu an anderer Stelle mehr.

 

Nach 19 Monaten des Umbaus (Orgelweihe im Juni 2004), war es schließlich eine großartige und allgemein beachtete Orgel geworden. All dies geschah unter alleiniger Regie des Bauvereins und seines damaligen Vorsitzenden Andreas Kitschke.

Übrigens:
Unsere Orgel ist ein ganz besonderes Instrument. Sie ist nämlich die klangliche Fortschreibung ihrer eigenen Geschichte:

So wurden bei der Sanierung die Grundregister des ursprünglichen Erbauers Gottlieb Heise (Potsdam), weitere Pfeifenreihen vom Umbau durch Wilhelm Sauer (Frankfurt/Oder) und der Orgelerweiterung durch Alexander Schuke (Potsdam) wiederverwendet.

 

Und für Interessierte noch ein paar Details:
Die Dispositionen der beiden unteren Manuale entsprechen, um einige charaktervolle Stimmen erweitert, weitgehend denen des vorgefundenen Zustandes. Das dritte Manual enthält neue Pfeifenreihen französischer Bauart – eine Reminiszenz Woehls an die französische Lebensart, welche in Sanssouci gepflegt worden war.
Die Pedalregister entstammen ebenfalls großenteils der historischen Orgel, aber um weitere Stimmen vermehrt. Insgesamt umfasst das Instrument jetzt 52 Register, die sowohl das dunkle Timbre der deutschen Orgelromantik erzeugen, als auch das zungenbetonte der französischen, sowie Elemente barocker Helligkeit besitzen.

Die Bandbreite dieser ganz individuellen symphonischen Orgel reicht nun vom leisesten Pianissimo bis zum stärksten Fortefortissimo. So etwas ist nicht oft zu finden.

 

Ein befreites Fenster ?? >